Zeigt das Beispiel der 105-jährigen Brunhilde Pomsel, ehemalige Sekretärin von Reichspropagandaminister Goebbels, dass wir vor einer neuen Epoche des Radikalismus stehen? Warnt uns die Geschichte einer Frau aus dem Machtzentrum der Nazis vor der Wiederkehr autoritärer Regimes in Europa und den USA? Oder sehen wir längst unaufhaltsam mit an, wie sich die Geschichte durch uns und unser Verhalten wiederholt? Brunhilde Pomsel diente einem der größten Verbrecher der Geschichte. Von 1942 bis 1945 war sie Stenotypistin im Propagandaministerium von Joseph Goebbels. In dem Dokumentarfilm "Ein deutsches Leben", der im Herbst 2016 auf Filmfestivals in München, Jerusalem und San Francisco Furore machte, gibt sie einen Einblick in die Banalität des Schreckens. Pomsel war eine unpolitische Mitläuferin, und das bestreitet sie auch nicht. Ihr ging der Job vor, ihr Pflichtgefühl, das Bedürfnis dazuzugehören. Erst nach Kriegsende sei ihr das ganze Ausmaß der Geschehnisse bewusst geworden. Ihre Lebensgeschichte und ihre bestechende Ehrlichkeit konfrontieren uns mit der hochaktuellen Frage nach der persönlichen Verantwortung für das politische Zeitgeschehen und den Konsequenzen eines wiedererstarkten Nationalismus und Populismus. Werden wir später auch wie Brunhilde Pomsel sagen: "Wir wollten's ja auch nicht wissen"?