Er gehörte zur absoluten Spitze der Gesellschaft - Enkel und Neffe von Kaisern, Halbbruder eines Königs, Bruder von Herzögen und Bischöfen -, und ein Spitzenamt in der Gesellschaft hatte seine Familie für ihn ausgesucht. Er aber floh zunächst in ein Kloster, wählte den Weg des Geistes und des Gebets und wurde einer der großen Denker des Mittelalters. Dies ist die spannende Biographie des Bischofs Otto von Freising (1112-1158). §An die Universität nach Paris hatte man den jungen Otto geschickt, damit er dort jene Techniken erwerben sollte, derer man bedurfte, wenn man die weltlichen und geistlichen Angelegenheiten der Zeit beherrschen wollte. Er aber hatte die Welt durchschaut, in der Papst und Kaiser mit ihren Gefolgschaften in Konflikt geraten waren, und wollte sich frei von all dem machen: "Oft habe ich lange hin und her gesonnen über den Wandel und die Unbeständigkeit der irdischen Dinge, ihren wechselvollen, ungeordneten Verlauf, und wie ich bedenke, daß der Weise keinesfalls sein Herz an sie hängen soll, so finde ich durch vernünftige Überlegung, daß man über sie hinwegschreitend sich von ihnen lösen müsse." Joachim Ehlers lässt in seinem faszinierenden Buch die Welt des Hochmittelalters wiedererstehen und macht uns vertraut mit den intellektuellen und politischen Konfliktlinien, die sich in der Persönlichkeit Ottos von Freising kreuzten.